Das Ding ausm Sumpf – Lass dich von „Dr. Hip Hop“ verzaubern
Du so: „Wie jetzt, Hip Hop in einem Rock-Blog?“ – Ich so: „Ja! Guck doch mal über den Tellerrand, zefix!“. In regelmäßigen Abständen werden wir uns hier auf Newcomer-Rock.com auch spannende Künstler/innen (w/m/d) aus den unterschiedlichsten Genres vorknöpfen, um auf neue Ideen zu kommen und um uns gegenseitig zu inspirieren. Und das machen wir diesmal gemeinsam mit „Das Ding ausm Sumpf“. Ist Musik nicht wunderbar vielfältig? Absolutely.
Wertvolle Gespräche, überraschende Tatsachen
Hach, was für ein Telefonat! Selten bin ich so positiv gestimmt aus einer Mittagspause wieder an den Arbeits-PC gehuscht, wie nach meinem Gespräch neulich mit Das Ding ausm Sumpf alias Stefan Mühlbauer. Warum? Weil er ein ganz fantastischer, inspirierender Gesprächspartner ist. Seit etwa anderthalb Jahren ist er Vollzeitmusiker, hat im Jahr 2019 über 70 Konzerte gespielt und haut einen Hammer-Song nach dem anderen raus. Mir hat er erzählt, was ihn am Hip Hop so fasziniert und auf was man beim Schreiben von Songtexten seiner Meinung nach achten sollte.
An dieser Stelle nochmal ein dickes, fettes Dankeschön an dich, Stefan, für deine Zeit – und auch an Mirko von Uncle M, der den Kontakt zwischen uns hergestellt hat. ♥ Merci!
Interview mit Das Ding ausm Sumpf
Deine Musik wird auch als „Hip Hop für Leute, die eigentlich keinen Hip Hop mögen“ bezeichnet. Was hat es damit auf sich?
Ehrlichgesagt habe ich nicht wirklich einen Sinn für Genre-Grenzen und einige Einflüsse meiner Musik sind auch kein Hip Hop. Ich mag zum Beispiel den Sound von E-Gitarren und Harmonien. Unter anderem die Black Keys finde ich großartig! Die Genre-Schubladen machen es einem im Musiker-Alltag nicht leicht, vor allem, wenn es um PR in Magazinen geht.
Aus welchem Sumpf kommt denn „das Ding“?
Oh, das sind so einige. Einer der „Sümpfe“ ist meine Heimat, der bayerische Wald in Niederbayern. Hier ist man bis heute noch eher konservativ eingestellt, teils auch fremdenfeindlich. Das hat mich nachhaltig geprägt. Ich erinnere mich, dass ich während meiner Jugend – so mit 14, 15 Jahren – ständig Stress mit Leuten dort hatte, weil ich in ihren Augen „anders“ war und ihnen z.B. meine Outfits nicht gefallen haben.
Ich denke, jeder hat so den ein oder anderen Sumpf in seinem Leben. Alles in allem kann man sagen, dass diese Sümpfe nun mal einfach da sind, jetzt mal unabhängig davon, ob negativ oder positiv. Man muss einfach lernen, mit ihnen umzugehen. Philosophisch könnte man auch sagen, dass ein Sumpf ein Ort ist, an dem viele Dinge zusammenkommen, um zu verwittern. Und daraus entsteht dann etwas Neues.
Vor etwa anderthalb Jahren hast du den Entschluss getroffen, mit Das Ding ausm Sumpf komplett den Schritt in die Musik zu machen. Wie kam es dazu?
Zu dem Zeitpunkt war ich fertig mit meiner Promotion in Volkswirtschaft und habe überlegt, was ich denn nun machen soll. In einer Bank arbeiten? In die Politik gehen? Ich mache mein Leben lang schon Musik. Nach der Schule habe ich damals sogar klassischen Operngesang studiert. Dazu kam, dass das Feedback zu meinem ersten Album wirklich super war. Ich dachte einfach „Wenn nicht jetzt, wann dann?“ und habe alles auf diese Karte gesetzt. Bis jetzt habe ich diesen Schritt auch in keinster Weise bereut.
Zu deinem Song „Der Kraken“ gibt es ein richtig cooles Video. Um was geht’s in dem Song?
Der Kraken ist tatsächlich ein Song, entstanden aus der Blues Rock Seele in mir. Es geht darum, dass Musik machen und „Musik machen“ zwei unterschiedliche Dinge sein können. Viele Bands, die „fame“ werden, machen plötzlich Musik, die gefühlt nur Mainstream ist und nichts mehr bedeutet. Da kann man dann auch lieber in einer Bank arbeiten, statt Musiker zu sein. Die Message ist also: Bevor man bedeutungslose Musik macht, lieber sein lassen.
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Was mich persönlich am deutschen Hip Hop fasziniert sind die Texte. Da gibt es ja wahre Wortakrobaten! Was ist dir bei deinen Texten besonders wichtig und wie entstehen diese?
Bei mir steht der Inhalt über allem. Bei einem Song ist mir also wichtig, dass der Text stimmig ist – und die Technik steht eher an zweiter Stelle. Flow und Reime sind mir tatsächlich oft egal, es zählt mehr das Gesamtbild.
Wenn ich einen Text schreibe, fange ich meist mit einer Idee an und sammle dann alle möglichen Gedanken dazu. Manchmal entstehen wichtige Verse oder sogar Refrains gleich am Anfang und daraus ergibt sich dann schon der gesamte Song. Anschließend wird daran gearbeitet, gefeilt und geschliffen, bis es sich gut anhört. Größte Herausforderung dabei: Wie mache ich aus einem Bild einen Satz, der sich dann bestenfalls auch noch musikalisch anhört?
Wie entstehen dann die Instrumentals zu den Songs?
Meist beginnt es mit Harmonien an der Akustikgitarre und dann baue ich das Thema mit meinen Produzenten (Benedikt Maile und Johannes Schlump) weiter aus.
Wir versuchen, möglichst nicht nur mit Loops zu arbeiten, die sich komplett durchziehen, sondern erzeugen auch Brüche. Das macht einen Song erst so richtig interessant.
Hier bei Newcomer-Rock.com dreht sich zwar vieles um die Rockmusik, ich bin aber überzeugt davon, dass man auch „Genre-übergreifend“ voneinander lernen kann. Hast du denn Tipps fürs Songwriting?
Bei mir funktioniert das Songwriting mittlerweile total intuitiv. Allerdings überlege ich mir bei allem was ich schreibe, warum ich es schreibe. Wenn ich zum Beispiel einen Song über eine Liebesbeziehung schreibe, ist für mich besonders wichtig, dass Textpassagen nur eingefügt werden, weil ein Reim kommen muss. Viel besser wird ein Song und auch die Message darin, wenn man in dieser Hinsicht keine Abstriche macht und sich dann etwas eben auch mal nicht reimt.
Ein zweiter Tipp; Holt euch Feedback von Profis und nehmt dieses Feedback ernst. Meine Frau ist zum Beispiel professionelle Autorin und unterstütz mich mit ihren Hinweisen immer immens.
Nehmt also Feedback an, denn ein Song wird immer besser, je weniger er von den eigenen Zwängen abhängig ist. Überlegt euch auch, ob alle „Empfänger“, also die Hörer, eure Message verstehen.
Letzte Frage: Wie gehst du das Thema Marketing und vor allem die Promo auf Social Media an? Was ist dir wichtig?
Social Media war für mich tatsächlich eher immer ein notwendiges Übel. Zu Zeiten von Corona, in der mir 50 Gigs abgesagt wurden und mein neues Album vor der Tür stand, kam nach dem Herzstillstand der Gedanke „Was mach ich jetzt & wie bringe ich mein Album unter die Leute?“. Klar, Reichweite über Social Media ist wichtig. In der Vergangenheit bin ich da eher hölzern vorgegangen und habe Dinge gepostet, von denen ich dachte, dass die Leute sie gut finden würden.
Heute ist das anders. Während Corona konnte ich viele Formate ausprobieren und lernen, woran ich bei Social Media eigentlich Spaß habe und was für mich auch gut funktioniert. Dabei sind auch die „Konzerte überall“ auf Instagram entstanden, die super ankommen und mir mega Spaß machen.
Learning: Ich muss mich bei meinen Social Media Aktionen wohl fühlen und etwas finden, dass die Leute auch wirklich unterhält und zum Lachen bringt.